Überblick
Flipperkult in Bad Salzuflen
Bis in die frühen 1990er-Jahre gehörten sie einfach zum Wochenende: Flipperautomaten. Kaum ein Lokal, in dem keiner stand. In Bad Salzuflen konnte man etwa im Nante in der Osterstraße oder im Zambo an der Werler Straße spielen – und selbst im Kinofoyer der Filmbühne war über Jahre ein Gerät aufgebaut. Für eine Mark gab es drei Kugeln, dazu Cola und das charakteristische Klacken der Flipperfinger. Wer es draufhatte, erspielte sich einen Multiball – oder landete im Highscore-Ranking der Woche.
Dann wurde es bald recht still. Die Geräte verschwanden ebenso wie viele Kneipen, Bistros und Kinofoyers. Für Gastronomen und Automatenaufsteller wurden sie zunehmend unrentabel, da sie weniger Gewinn als Geldspielautomaten abwarfen, technisch anfällig waren und zudem mit einer hohen Vergnügungssteuer belegt wurden. Doch heute erleben Flipper eine kleine, aber feine Renaissance. Es gibt wieder mehrere Hersteller, die neue Geräte entwickeln – teils digital erweitert, teils klassisch analog. Ein Massenmarkt ist das nicht mehr. Aber in der Nische lebt das Spiel weiter – etwa in einer kleinen Halle im Bad Salzufler Riedweg, wo rund 50 restaurierte Flipper nebeneinander aufgereiht stehen. Kein Museum – ein Ort zum Mitmachen.
Ein Spiel, das nie ganz weg war

Hier würdigt der Verein Electric Friends ein Spielgerät, das ganze Generationen begleitet hat. Hier dreht sich alles um Flipper, echte Flipper, mit Stahlkugeln, Kunststoffkappen, Relais und Displays. Um Maschinen, die fast verschwunden wären – und heute wieder Kultstatus genießen.
Was früher in Kneipen und Jugendzentren stand, wird von den „elektrischen Freunden“ in Werl-Aspe mit Hingabe restauriert, gepflegt – und gespielt. Nicht aus Profitinteresse, sondern aus Leidenschaft. Das Flippern selbst wird hier nicht als Glücksspiel verstanden, sondern als Präzisionssport mit Anspruch: Konzentration, Reaktionsvermögen und Fingerspitzengefühl sind gefragt. Einmal im Monat öffnet der Verein seine heiligen Hallen für Gäste. Was den Ort jedoch besonders macht, ist die Gemeinschaft von Menschen, die diese Geräte lieben und sie am Leben erhalten.

Von der Flipperbar zur festen Größe

Die Geschichte von Electric Friends beginnt 2003 in einem Lemgoer Keller. Einige Freunde richten sich mit vier Geräten, einem Billardtisch und frischer Farbe ihre eigene kleine „Flipperbar“ ein. Bald wird nicht mehr nur sonntags gespielt: Es entstehen Partys, Turniere, eine Flipperliga – und eine Gemeinschaft, die wächst. Der Name „Electric Friends“, angelehnt an den New-Wave-Song „Are ‚Friends‘ Electric?“, bleibt hängen – und passt.
Fünf Jahre später wird der Platz knapp. Zusätzliche Räume kommen hinzu, auch eine kleine Werkstatt. In dieser Zeit treffen Margit und Kim Danielmeier erstmals auf die „elektrischen Freunde“. Ihre eigene Begeisterung beginnt mit einem Kellerfund im Haus von Kims Vater. „Unter einer Decke und hinter einer alten Musikbox haben wir einen längst vergessenen, aber intakten Flipper gefunden“, erinnert sich Margit. „Den nehmen wir mit“, beschloss das Paar – ohne zu ahnen, dass dieser Satz eine Kugel ins Rollen bringt, die bis heute nicht zu stoppen ist.
Zunächst schenkte Kim seiner Frau einen zweiten Flipper – dann kaufte er sich selbst noch einen. Und wer einmal anfängt, hört selten nach dem zweiten Gerät auf. Schon bald trafen die Danielmeiers auf die Electric Friends, die damals noch nicht als Verein auftraten. Doch das sollte bald kommen.
Flipperverein statt Gewerbe
„Wir mussten einen Weg finden, wie wir das mit unseren Veranstaltungen rechtlich sauber machen“, sagt Kim Danielmeier, der heute gemeinsam mit seiner Frau Margit zum Vorstandsteam gehört. Denn Flippern gilt in Deutschland formal noch immer als Glücksspiel – auch wenn Reaktion und Präzision weitaus mehr Einfluss auf den Erfolg haben als der Zufall. Wer öffentlich Flipper zugänglich macht, wird steuerlich wie ein Betreiber von Geldspielautomaten behandelt. Die Lösung: der Verein. Gegründet wurde der Electric Friends e. V. im Jahr 2014 in Lemgo, seit 2024 wird der Verein mit größerem Clubhaus in Bad Salzuflen weitergeführt. Alle Geräte laufen hier im Freispiel-Modus. Ein kleiner Eintritt zu den öffentlichen Abenden deckt die Betriebskosten. Alles andere bleibt unbezahlbar.
Margit Danielmeier ist die Kassenwartin. Sie freut sich über jedes der rund 60 Mitglieder sowie über das Engagement, das auch abseits der Flipperknöpfe an den Tag gelegt wird. „Wenn im Vereinsheim etwas ausgebaut, umgebaut oder repariert werden muss, dann findet sich immer jemand, der seine Unterstützung anbietet“, erklärt sie.
Es geht also längst nicht nur ums Spielen, sondern auch ums Bewahren und Weiterentwickeln des Vereins. Und immer wieder um die gemeinsame Begeisterung für die Flipperkultur – etwa wenn ein original erhaltenes Backglass auftaucht: jene kunstvoll gestaltete Glasplatte, die vielen Flippern ihren ikonischen Look verleiht. Mal Science-Fiction, mal Rockkonzert, mal BBQ – visuelle Popgeschichte im Großformat.

Ein Maschinenpark mit Charme und Charakter
Wer sich durch die Halle der Electric Friends bewegt, erlebt ein visuelles und akustisches Feuerwerk der Flipper- und Kulturgeschichte. Elektrische Energie wird hier in Erinnerungen verwandelt.
Vertreten sind Klassiker wie „Terminator 3“, „Dracula“, „Indiana Jones“, „Iron Man“ oder „The Simpsons“. Dazu kommen Themenflipper zu „Star Wars“, „Game of Thrones“, „Hulk“, „Spiderman“, „Street Fighter“ oder „Akte X“. Ein Metallica-Flipper in knallbunter Comic-Optik sorgt sogar für Gitarrenriffs im passenden Moment. Die Geräte stammen von namhaften Herstellern wie Stern – einem der letzten aktiven Flipperproduzenten – oder Williams, der einst als „Mercedes unter den Flippern“ galt.
Ein Highlight ist der „Pinball 2000“, ein Hybrid aus realer Spielfläche und Videospiel. Ende der 1990er-Jahre wurde diese Wunderkiste als Revolution in der Branche gefeiert – allerdings kam sie zu spät, um die große Ära der Flipper zu retten.
Reparieren, erhalten, weiterspielen
„Die Aufarbeitung macht einen Riesenspaß, sie ist aber auch mit zahlreichen Herausforderungen verbunden“, erklärt Kim Danielmeier. Ersatzteile seien meist standardisiert – doch bei bedruckten Kunststoffteilen oder den empfindlichen Backglasses werde es oft schwierig. „Wenn du da eins in gutem Zustand findest, dann sicherst du dir ein Stück Zeitgeschichte“, so der studierte IT-Spezialist.
Und diese Geschichte hat ihren Preis: Während Flipper früher oft entsorgt wurden, sind sie heute gefragte Sammlerobjekte. Einsteigergeräte kosten um die 1.500 Euro, neuwertige Klassiker erreichen leicht das Sechs- oder gar Siebenfache.
Öffnen, erleben, begeistern
Umso erfreulicher, dass die Electric Friends ihre Raritäten nicht nur bewahren, sondern auch zugänglich machen. Wer Lust auf eine Reise in die Vergangenheit hat – oder einfach nur mal spielen möchte – ist im Clubhaus im Riedweg herzlich willkommen.
Neben den regelmäßigen Öffnungstagen, in der Regel am vierten Samstag im Monat, können auch einzelne private Veranstaltungen gebucht werden. Nach einer kurzen Einführung in die Flippergeschichte heißt es: „Freie Bahn für Kugeln, Licht und Sound.“ Wie früher – nur ohne Markstücke.
Möchten Sie mitspielen?
In der Regel finden die Öffnungstage am vierten Samstag eines Monats statt.
Die nächsten Termine:
Samstag, 24. Mai 2025,
Samstag, 28. Juni 2025
Pro Öffnungstag gibt es zwei Zeitfenster:
Von 12.30 Uhr bis 16.30 Uhr,
von 17.00 Uhr bis 21.00 Uhr
Eintrittspreise:
Erwachsene: 15,00 €
Jugendliche/Kinder bis 16 Jahre: 8,00 Euro
Ganztagesticket (beide Zeitfenster): 20,00 Euro
Adresse:
electric-friends e.V.
Riedweg 5, 32107 Bad Salzuen
Kontakt, Buchung und Spielregeln
unter: www.electric-friends.de